Erasmus Superstar!
Erasmus von Rotterdam war und ist der unübertroffene Fürst unter den Humanisten. Wie kein anderer wirkte und prägte er das christliche Abendland bis heute.
Wo stolpern wir nicht in der Stadt Basel überall über Erasmus? Bestimmt ist Ihnen der Erasmusplatz oder das Erasmus-Lädeli, die Erasmus-Garage, das Erasmushaus oder die Erasmus-Hochschule ein Begriff? Erasmus ist jedoch nicht nur in Basel, sondern in vielen anderen europäischen Städten, omnipräsent. Geradezu inflationär gebraucht man heute seinen Namen. Das rührt daher, dass Erasmus mehr oder weniger ständig quer durch Europa unterwegs war, und das in einer Zeit, in der Wegelagerer und unsichere Strassen an der Tagesordnung waren. Hinzukommt, dass Erasmus nördlich der Alpen der bedeutendste Humanist seiner Zeit war. Kein Wunder also, dass sich alle gerne mit seinem Namen schmücken.
Vielleicht sagt Ihnen auch der Spruch: «Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg» etwas? Dieser Spruch stammt angeblich ebenfalls von Erasmus. Und was für Wege er Zeit seines Lebens zurückgelegt hat: Mindestens dreimal führten ihn diese für längere Zeit nach Basel.
Basel war für den schreiblustigen Humanisten vor allem ein interessantes Reiseziel, da er hier die benötigte Druckerqualität für seine Werke fand. Frobens Druckerei war die Einzige, die die von Erasmus gewünschte Qualität, nördlich der Alpen überhaupt liefern konnte. Bei seinem ersten Besuch 1514 erlaubte sich Erasmus einen Scherz mit Froben und gab sich als Verhandler des grossen Erasmus aus, samt (selbst-) gefälschtem Empfehlungsschreiben versteht sich. Doch Froben erkannte den bereits illustren, rastlosen Superstar Erasmus und lud ihn in den engsten Kreis seiner Familie ein. Im Haus «Zum Sessel» (Totengässlein 1/3) bei Frobens Schwiegervater, Wolfgang Lachner, wird Erasmus’ erste Bleibe in Basel sein. Die «Adagia» und «Lob der Torheit» sowie einige Übersetzungen kleinerer Schriften kamen sogleich in den Druck, und anfangs 1516 folgte die Herausgabe des Neuen Testaments in der Ursprache. Im gleichen Jahr verlässt Erasmus Basel allerdings wieder in Richtung England. Er wird es sein, der dem jungen Holbein später die Türen zum englischen Hof öffnen wird.
1522 zog Erasmus von der Stadt Löwen zurück nach Basel, weil man ihn in der Causa Luther zu einer Stellungnahme zwingen wollte. Er sah sich darauf in seiner geistigen Unabhängigkeit bedroht. Basel bot all die Annehmlichkeiten, die Erasmus schätzte: ein angenehmes Mikroklima, die geographisch zentrale Lage, alte Freunde sowie eine intellektuelle Elite und natürlich die bereits erwähnten herausragenden Druckereien. Froben bot ihm eines seiner neu gekauften Häuser an, welches er ihm zuliebe mit einem offenen Kamin ausstatten liess, da der stets kränkelnde Erasmus Ofenwärme nicht ertrug. Im Haus «Zur alten Treu» (Nadelberg 17/19) gründete Erasmus einen eigenen Hausstand. Es war ein reges Kommen und Gehen. Tischgenosse des grossen Gelehrten gewesen zu sein, kam einem Ehrentitel gleich. Schüler, sogenannte Famuli, junge Leute aus allen Herren Ländern, übernahmen allerlei Dienste und Schreibarbeiten im Haus. Eine Magd, die Erasmus in Anlehnung an Sokrates Ehefrau, seine «Xanthippe» nannte, führte den Haushalt. Durch diese Namensgebung wollte sich Erasmus sicherlich auch über ihr energisches Regiment beklagen, doch ganz so einfach dürfte es auch für die Magd nicht gewesen sein, einem solchen Herrn zu dienen, der absolute Reinlichkeit wünschte in einer Zeit, in der es diese kaum gab.
Aber Auseinandersetzungen mit den neuen reformierten Lehren gab es auch in Basel und sie nahmen im Alltag immer mehr zu. Als 1529 der reformatorische Sturm auch Basel erfasste, stand die Stadt am Rande eines Bürgerkrieges und die aufgebrachte Volksmenge erzwang die ‘Säuberung’ des Basler Rats von sämtlichen katholischen Mitgliedern. Der alte Gottesdienst wurde verboten und die Bilder und Kunstwerke der Kirchen gingen in Flammen auf. In dieser ideologisch aufgeheizten, fanatischen Stadt wollte Erasmus nicht länger bleiben und wich in das benachbarte und katholisch gebliebene Freiburg im Breisgau aus.
Erst 1535 kehrte Erasmus für Druckangelegenheiten hochbetagt nach Basel zurück und wollte eigentlich direkt nach Besançon weiterreisen, weil es dort unter anderem seinen geliebten Burgunderwein gab. Doch sein Gesundheitszustand erlaubte ihm die rasche Weiterreise nicht mehr. So quartierte er sich im Haus «Zum Luft» (Ecke Bäumleingasse / Luftgässlein) ein, wo er als Gast in der Obhut seines alten Freundes Hieronymus Froben bis zu seinem Tod am 12. Juli 1536 weilte. Es zeugt vom grossen Respekt seiner Zeitgenossen, dass der stets katholisch gebliebene Erasmus im reformierten Basler Münster beigesetzt wurde und sein Emblem, der Grenzgott Terminus, als heidnisches Symbol seine Grabtafel schmückt.
Das Grab des Erasmus wurde im 16. und 17. Jahrhundert zum Wallfahrtsziel und war bekannter als heute. Bei Umbauarbeiten im Münster von 1853 bis 1855 interessierte man sich allerdings kaum für das Grab des Erasmus’ und verbannte die Grabtafel vom linken Chorteil ins linke Seitenschiff, wo wir sie heute noch bewundern können. Auch das Grab selbst wurde durch die Verlegung eines Heizungskanals für die Zentralheizung in Mitleidenschaft gezogen. Anthropologische Neugierde führte dann 1928 zur gezielten Suche der Überreste des grossen Erasmus, der, wie eine Untersuchung seines Skeletts ergab, angeblich an Syphilis litt. Eine Engländerin soll nach diesem peinlichen Befund die bis dahin jährliche Stiftung eines Lorbeerkranzes eingestellt haben. 1974 wurde dann allerdings ein anderes Grab, als das angeblich ‘wahre’ Erasmusgrab eruiert. Dieses enthielt eine Erasmusmedaille und die Untersuchungen des enthaltenen Leichnams förderten auch keinen Syphilisbefund zu Tage. Dummerweise soll dem Photographen beim Dokumentieren des Grabes seine Kamera auf Erasmus Schädel gefallen sein und diesen zu Staub zerbröselt haben. Heute liegen die Reste beider Skelette in einer unterteilten Eichenkiste direkt unter der Grabtafel im Basler Münster. Wer weiss, was Erasmus alles noch bevorsteht?
Das wichtigste in Kürze
Dauer: 1 Stunde (kurze Route bis Barfüsserplatz); 2 Stunden (ganze Route bis Nadelberg)
Treffpunkt: Münsterplatz (vor dem Münster)
Route: Münsterplatz → Rittergasse → Bäumleingasse (Haus Zum Luft) → Barfüsserplatz (ende der kurzen Route) → Gerbergasse → Rümelinsplatz → Andreasplatz → Totengässlein (Haus zum Sessel) → Peterskirche → Nadelberg (Haus zur alten Treu)
Endpunkt: Barfüsserplatz (kurze Route); Nadelberg, in der Altstadt von Basel
Preis: 20 CHF pro Person (kurze Route bis Barfüsserplatz); 25 CHF pro Person (ganze Route bis Nadelberg)
Ermäßigungen: Kinder unter 12 Jahren sind in Begleitung Erwachsener frei. Für Schüler, Auszubildende und Studierende (bis maximal zum vollendeten 25. Lebensjahr) gibt es gegen Vorweisung der Legi einen Rabatt.
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch
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